Was bedeutet eigentlich
"unter dem Gesetz?"
Einführung
von Brad Scott, Gründer und Leiter von "Wildbranch Ministry"
Übersetzung Birgit Barandica E.
April 2009


[Anm.: Dieser Übersetzung liegt die Luther-Bibel, 1984, zugrunde, weil sie der Bibelübersetzung im englischen Original am nächsten kommt. Manchmal ist es jedoch zum richtigen Verständnis ratsam, eine etwas zeitgemäßere Übersetzung/Übertragung mitzubenutzen.]

Es gibt einen universellen Schlachtruf derer, die sich Jesus Christus als ihrem Herrn hingeben und gleichzeitig Sein Wort verleugnen: "Wir stehen nicht mehr unter dem Gesetz, sondern unter der Gnade." Ich meine genau das, was ich eben sagte. Dies ist das Banner, unter dem Millionen von Christen seit Jahrhunderten stehen. Die Menschheit ist seit den Tagen Adams vom Wort JHWHs abgedriftet. Es ist ein zentraler Teil unserer gefallenen Natur. Es gibt eigentlich drei verschiedene Typen von Menschen in dieser Welt: diejenigen, die den Geboten JHWHs nicht gehorchen, weil sie Seine Existenz nicht anerkennen; diejenigen, die Ihm nicht gehorchen und dies in Seinem Namen tun und dann diejenigen, die sich auf Seinen Namen berufen und Ihm gehorsam sind. Zu welchem Typ gehörst du? Wenn wir die Schrift lesen, dann wird es ganz offensichtlich, dass, egal welche Lebensbereiche man gerade duchläuft, der Ungehorsam wuchert und genauso ist es mit dem Chaos und dem Verfall der Moral. Nicht nur, das dies heute wahr ist - es scheint, als habe es seinen Höhepunkt erreicht. Zur Zeit der Richter und Davids hat das Volk JHWHs wenigstens erkannt, dass es von Seinen Wegen abgewichen war und hat immer wieder Buße darüber getan. Heutzutage lehrt die moderne Kirche jedoch immer noch, dass Jeschuas Tod dem Gesetz ein Ende bereitet habe. Und wir stehen alle daneben und schauen zu, wie unsere Gesellschaft zerbröckelt und haben Seelenfrieden darüber, weil es ja nicht unsere Schuld sei. Schuld hätten der Satanismus, die neue Weltordnung, die Katholiken, die Linken, der Liberalismus, Bill und Hillary, Hollywood, Nintendo, die Neonazis und Oprah Winfrey.

Ich hoffe und bete, dass deine Augen sich angesichts der allgemein akzeptierten Interpretation von "unter dem Gesetz" durch dieses Studium zu öffnen beginnen mögen. So wie viele hebräische Wörter, die wir bereits definiert haben (Anm.: Brad Scott bezieht sich hier auf andere Lehrartikel), so hat auch diese Formulierung ihren Hintergrund und eine alttestamentliche Bedeutung, die für das Verständnis ihres neutestamentlichen Gebrauchs zwingend ist. Es sind einige Lektionen nötig, um da hindurchzukommen, aber ich denke, es ist sehr wichtig. Jeschua, Scha'ul (Anm.: Paulus; im Hebräischen hat Saulus seinen Namen niemals geändert) und alle Schreiber der Brit Chadaschah (Neues Testament) gebrauchten das Konzept "Gesetz" im Rahmen seines bereits etablierten Gebrauchs. Dieses Wort, oder hier besser die Vorstellung des "unter dem Gesetz" stehenden, wurde nicht in einem Vakuum erschaffen. Jedoch wurde der Gebrauch bzw. Missbrauch dieser Vorstellung von Juden und Heiden dermaßen missverstanden, dass Scha'ul unglaublich viel Zeit darauf verwandte, sie klar und verständlich zu machen. Warum so viel Aufmerksamkeit für dieses Wort? Nun, weil man in dieser Frage nicht die beiden üblichen Schlussfolgerungen ziehen kann. Anscheinend gibt es eine nur sehr feine Grenze zwischen Gehorsam und dem, was wir "gesetzlich" nennen. Ich möchte gern den Wunsch Scha'uls für "Juden und Heiden" aufzeigen, dass sie in JHWHs herrlicher Gnade leben mögen. Er hat ebenfalls betont, dass das Volk JHWHs im Gehorsam auf seinem neu gefundenen Weg mit Jeschua ging und dass diese beiden Vorstellungen nicht im Konflikt miteinander standen. Wenn man die beiden entgegengesetzten Kulturen betrachtet, dann war dies sicherlich keine einfache Aufgabe. Zwei solch entgegengesetze Lebensansichten auf eine Reihe zu kriegen, benötigt viel Platz für schriftliche Erklärungen. Ich glaube, dass der Messias Jeschua die Antwort auf diese Feindseligkeit war, die vom Gesetz zwischen "Juden und Heiden" geschaffen worden war.

Die Formulierung "unter dem Gesetz" ist in der Brit Chadaschah zehnmal zu finden. Wenn man mit der Zahlenstruktur in der Schrift vertraut ist, dann wird man schnell bemerken, dass die Zahl zehn gewöhnlich vom Gesetz oder vom Urteil für Ungehorsam (10 Gebote, 10 Plagen, der Zehnte, etc.) spricht. Ich werde versuchen, das Vorkommen der Zehn zu erörtern. Zuerst müssen wir uns jedoch die Zeit nehmen, den Begriff "Gesetz" zu definieren. Wie ich schon oft sagte, haben die Schreiber des Neuen Testaments dieses Wort so gebraucht, wie es schon immer verstanden und definiert worden war. Einfach ausgedrückt, wenn das Gesetz im Tenach (Anm.: die Hebräische Bibel, das Alte Testament) böse oder schlecht war, dann wurde es auch als böse oder schlecht in der Brit Chadaschah verstanden. Wenn JHWHs Gesetz im Tenach als gerecht und heilig verstanden wurde, dann wurde es ebenfalls in der Brit Chadaschah als gerecht und heilig definiert. Ich bete darum, dass dies nicht nur in Hamonie mit dem Wesen JHWHs steht, sondern dass es sich schlicht und einfach um gesunden Menschenverstand handelt. Wenn JHWH kontinuierlich die Bedeutung Seiner Worte ändern würde, dann gäbe es kein festes Fundament, auf dem wir stehen könnten. Doch unser Gott ist derselbe gestern, heute und in Ewigkeit (Ivrim 13,8 (Hebräer)). Glaubst du, dass nur Jeshua derselbe war? JHWH verändert sich nicht (Mal'akhi 3,6, (Maleachi)). Es gibt keine Erklärung für die Formulierung "unter dem Gesetz", denn sie wurde bereits von allen verstanden!

Sehr oft habe ich den Eindruck, als würden christliche Lehrer heutzutage rückwärts gerichtet lehren! Die moderne Gemeinde nähert sich der Schrift, indem sie im Neuen Testament beginnt. Auf diese Art formt sie ein Verständnis ihrer Lehren und geht dann ins Alte Testament zurück, um deren Bedeutung zu verstehen. Damit wird jedoch die kulturelle Bedeutung des Textes vorenthalten und die Schrift der sich dauernd ändernden Ideologie der Gemeinde angeglichen, anstatt die Gemeinde um den soliden, beständigen Fels der Schrift herum zu formen. Wenn man die Apostelgeschichte liest, dann erkennt man, dass die Nachfolger Jeschuas historisch gesehen nicht einfach irgendwelche neue Lehren annahmen, die sie hörten. Sie hätten die etablierte Offenbarung (Tenach), von der sie wussten, dass sie wahr war, nicht gegen eine neue Offenbarung prüfen können, deren Wahrheitsgehalt sie nicht kannten. Die drei Teile des Tenach (Thora [Weisung], Nevi'im [Propheten] und Ketuvim [Schriften]) waren bereits als JHWHs heiliges, ewig gültiges Wort akzeptiert und etabliert. Jeschua hatte bereits das Gebot JHWHs bestätigt, dass eine neue Lehre bzw. ein neuer Anspruch auf Messiasschaft gegen das geprüft werden sollte, was von JHWH offenbart worden war, nicht andersherum. Wenn man die Schrift rückwärts gerichtet interpretiert, dann produziert das eine verkehrte Botschaft. Die neutestamentliche Lehre kann nicht durch das Zitieren des Neuen Testamentes gerechtfertigt werden!

Das Wort Gesetz kommt vom griechischen Wort nomos . Es ist sehr wichtig zu verstehen, wie dieses Wort entstanden ist, denn Wortbestimmungen können bei der Bildung eines Satzes unser inneres Bild und das dazugehörige Empfinden komplett verändern. Der Übersetzungsprozess vom Griechischen ins Deutsche hat die Bedeutung von Gesetz bereits verändert. In der griechischen Gesellschaft hatte das Konzept von Gesetz noch eine positive, ehrenhafte und lehrreiche Substanz. Wenn wir es im Tenach nachprüfen, dann sehen wir, dass das Gesetz ehrfürchtig geschätzt wurde und dass es viele andere Titel bekam, um seinen Platz im Leben der Menschen des Gottesvolkes zu beschreiben. Diese Titel werden wir später noch erörtern. Während dieses Wort den Übersetzungsprozess durchlief, hat es einen sehr gewichtigen negativen Touch bekommen. Bereits im 3. Jahrhundert begannen die sogenannten Väter der Urchristen dieses Wort zu verunglimpfen. Man lehrte damals schon, dass das Gesetz ein Produkt "der Juden" sei. Ein Herätiker namens Marcion lehrte, dass der gesamte Tenach von unseren Kanzeln verschwinden solle, so wie auch viele andere Teile des Neuen Testaments, die "das Gesetz" und "den Juden" in ein positiveres Licht rückten, wie z.B. das Lukas-Evangelium und die Apostelgeschichte.

Während sich die westliche Kultur entwickelte, wurde das Konzept für Gesetz immer negativer. Das gesamte biblische Konzept für Gesetz und Gebundenheit wurde umgekehrt. Das Gesetz wurde als Gebundenheit gelehrt, nicht die Sünde. Gewisse Klichées und Formulierungen wurden zum Ausdruck dieser Gebundenheit passend gemacht. Was im Wort JHWHs als Licht, Leben, Gerechtigkeit, Weg, Gang, Wahrheit, Güte und Heiligkeit begann, wurde bald verschmäht, verabscheut und verachtet. DAS IST GESETZ! GESETZ UND ORDNUNG! ES IST GEGEN DAS GESETZ! ER HAT DAS GESETZ GEBROCHEN! ICH HABE GEGEN DAS GESETZ GEKÄMPFT UND VERLOREN! Das Gesetz wurde zum Feind. Heutzutage wird in vielen Spielfilmen dem gutaussehenden Bankräuber oder Diamentendieb wegen des stümperhaften Gesetzesvertreters, des Polizisten, regelrecht applaudiert. Das Laster wird tatsächlich als gut portraitiert und das Gesetz als böse! Das Gesetz wird schon lange nicht mehr als gut und gerecht angesehen, sondern als nichts anderes als Furcht und Strafe. Das kommt daher, weil das biblische Konzept für Gesetz dermaßen verdreht und wiederholt neudefiniert wurde, dass es geradezu unkenntlich gemacht worden ist. Schon vor Langem bin ich zu wenigstens einer unbestreitbaren Schlussfolgerung gekommen: Das Verhalten einer Nation wird von seiner Philosophie geleitet und die Philosophie einer Nation wird von ihren religiösen Werten geformt. Alle Kulturen und Völker formen ihre Gesellschaft, egal wie groß oder klein, von ihrer Sicht dessen, was sie als das Höchste erachten. In dieser großartigen Nation (Anm.: Brad Scott meint hier seine Heimat, die USA) soll es eigentlich der "Gott der Bibel" sein. Aber ist Er das wirklich? Das nächste Mal werden wir mit nichts weniger als dem Stoff der Existenz beginnen - der Thora!

Schalom Alechem!

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